Rückblick zur Blockade des Naziaufmarschs
20.6.2015, 11:55 UhrFrankfurt/Rossmarkt & Umgebung
Als Tierbefreiungsgruppe sehen wir uns als Teil einer progressiven, emanzipatorischen Bewegung. Darunter verstehen wir, politisch auf eine Gesellschaft hinzuarbeiten, in der jegliche Diskriminierungsformen und Herrschaft keinen Platz finden. Dies beinhaltet nicht nur eine Beendigung der Ausbeutung von nichtmenschlichen Tieren und Menschen, die im Rahmen des kapitalistischen Systems tagtäglich die Zerstörung der Umwelt, Leid und Tote fordert, sondern auch die Dekonstruktion rechter Ideologien zum Zweck eines übergreifenden solidarischen Miteinanders.
Gerade Bewegungen wie Pegida - sowie die parteiliche Politik von beispielsweise CDU, AfD und den Freien Wählern machen deutlich, dass es nicht reicht, sich nur gegen „die Extremen“, die Neonazis zu engagieren. Regressives, rassistisches Gedankengut lässt sich auch in der sogenannten Mitte der Gesellschaft, rechtspopulistischen Strömungen finden und ist auch dort subtil anschlussfähig, wo sich einerseits offensiv vom NS distanziert wird und andererseits die für rechts typischen „anderen“ verantwortlich gemacht und ausgeschlossen werden.(1)
Die Pegida-Bewegung verbreitet nicht nur unsachliche Propaganda, einfache Welterklärungsmuster (nach dem Motto: „Die Immigrant_innen sind an allem schuld“, Verfall der „christlich/deutschen Werte“, niedrige Renten uvm.), sondern schürt auch irrationale Ängste und kanalisiert die Wut auf altbekannte Stereotype, wie „die kriminellen Ausländer_innen“ - Sündenbockpolitik anstatt die Wurzeln ihrer tatsächlichen Probleme in den materiellen Umständen zu suchen. Offene Islam- und Fremdenfeindlichkeit stehen an der Tagesordnung.(2)
Die ehemals wöchentlich abgehaltenen Kundgebungen und Demonstrationen spiegeln eine rassistische Stimmung wider, die zwar bereits vor 2014 präsent war, schüren diese aber bedeutend weiter. Das dramatische Ansteigen von Übergriffen auf Flüchtlinge, Brandanschlägen auf und Sachbeschädigungen an Unterkünften bereits vor und insbesondere seit den Pegida-Kundgebungen(3) steht vor diesem Hintergrund.
Unter dem Namen „Widerstand Ost – West“ riefen nun Anhänger von Pegida und Hogesa zu einer Nazi-Großdemo in Frankfurt am Main auf.
Wir riefen deshalb ebenfalls dazu auf, den für Samstag, den 20.06.2015, angedachten Aufmarsch der Neonazis zu blockieren! Die Antifa Frankfurt hat die Ereignisse des Tages prägnant und informativ auf den Punkt gebracht:
"Zur Demonstration des Widerstand Ost West (WOW) am 20. Juni kamen statt der angekündigten 1.000 nur ca. 180 RassistInnen. Tausende AntifaschistInnen blockierten die Demo-Route, so dass die WOW-Demo nur einmal um den Block laufen konnte.
Pleite für Seitz und Co.
Die Anmelderin der WOW-Demo Ester Seitz hatte eine phänomenale Großdemonstration als Mega Event des Jahres angekündigt, bei der der Deutsche Widerstand vereint auf der Straße wäre. Gemessen an diesen Ansprüchen ist die Beteiligung von 180 Patrioten kläglich gering. Doch Ester Seitz' Niederlage ist nicht nur dem Fluch des Superlativs (Viktor Klemperer) zu verdanken:
- Die angekündigte Demonstration fiel aus und wurde durch einen Spaziergang um den Block ersetzt. Sie fand lediglich im leicht erweiterten, abgesperrten Kundgebungsgelände statt. Den größten Teil ihrer Mini-Route mußten die RassistInnen dicht gedrängt an die Häuserwand auf dem Bürgersteig/Fußgängerzone antreten. Foto
- Peinlicherweise war die groß avisierte und für das überschaubare Publikum überdimensionierte Leinwand mehrfach schwarz, da der Akku am Ende war. Die Lautsprecheranlage war zwar laut, aber verzerrt.
- Die Nazi-Hools benahmen sich so, wie Nazi-Hools sich halt so benehmen: Sie randalierten schon im Zug nach Frankfurt, weshalb sie verspätet eintrafen, griffen JournalistInnen an und warfen mit Flaschen Foto
- Die Demonstration fiel aus. Die WOWlerInnen mußten durch die Tiefgarage abziehen
Ester Seitz postete trotzdem stolz Sieg in Frankfurt! Schon auf der WOW-Kundgebung freute sie sich darüber, dass so viele Leute gekommen seien. Seitz will nun ihren nächsten Sieg in Leipzig vorbereiten. Ihr ehemliger Freund Michael Stürzenberger sah zwar, dass nur Wenige gekommen waren, versuchte die fehlenden Menge ab dadurch wettzumachen, indem er jeden Einzelnern zu einem Helden erklärte.
Widerstand Ost West (WOW) = Nazis, Hools und RassistInnen
An der Demonstration nahmen hauptsächlich Hools teil, die von Ester Seitz freudig begrüßt wurden. Gemeinsam riefen sie mehrfach den Affenschrei Ahu.
Auch der Vorsitzende von PRO Deutschland und frühere Funktionär der Nazi-Gruppe Liga für Volk und Heimat Manfred Rouhs war bei WOW ebenso wie mehrere Mitglieder der NPD dabei.
Blockaden ...
Mit Menschen- und Materialblockaden auf der Route von WOW wurde die geplante Demonstration der RassistInnen verhindert. Angesichts der Zahl und der Geschlossenheit der BlockiererInnen, ließ die Polizei die meisten Blockaden ungeräumt.
... und Polizeigewalt
Die Polizei schleuste aber immer wieder Gruppen und einzelne WOW-AnhängerInnen mit Gewalt durch. An mehreren Stellen ist die Polizei mit Wasserwerfern, Schlagstöcken und Pfefferspray gegen AntifaschistInnen vorgegangen. Am späten Nachmittag wurden 150 AntifaschistInnen eingekesselt und zur Personalienfeststellung gezwungen. 23 AntifaschistInnen wurden festgenommen. EA Frankfurt
Das Römerbergbündnis
Das Römerbergbündnis demonstrierte am Goetheplatz und blockierte somit faktisch den Nordzugang zur WOW-Kundgebung. Viele DemonstrantInnen des Römerbergbündnisses schauten auch bei den Blockaden vorbei und beteiligten sich. FR
Es ist sehr erfreulich, dass das Römerbergbündnis mit seiner 35-jährigen Tradition gebrochen hat, möglichst weit weg von den Nazis zu demonstrieren. Es bleibt zu hoffen, dass dies nicht nur der kurzfristigen Entscheidung der Verwaltungsgerichte geschuldet war, die WOW-Veranstaltung in der Innenstadt zuzulassen.
Erste Bilanz: Kein Sieg, aber in schöner Erfolg
2-4.000 WOW-GegnerInnen beteiligten sich an den Blockaden und verhinderten, dass die RassistInnen sich mit ihrer Großdemonstration selbst bestätigen. Die Blockade der Demo-Route von WOW ist ein Erfolg für die antifaschistische und antirassistische Bewegung in Frankfurt.
Im Gegensatz zur Nazi-Demo am 1. Mai 2013 konnte die Kundgebung von WOW nicht verhindert werden. Doch die Anreise wurde für die WOWlerInnen mühsam und einige werden gar nicht zur Kundgebung gekommen sein.
Zu einem ähnlichen Resümee kommt die ANK in 20. Juni – antifaschistischer Teilerfolg mit Perspektive
2500 AntifaschistInnen verhindern den Aufmarsch des Widerstands Ost/West trotz massiver Polizeigewalt von Antifaschistische Gruppen Frankfurt
Patriotische Großdemo floppt in Frankfurt Endstation Rechts
Der Stern bedauert in seinem Kommentar, dass die Nazis zum 35jährigen Jubiläum der Blues Brothers nicht nass geworden sind.Presse, Fotoserien und Liveticker
Liveticker: @Stop_WOW, @ank, FR
Kein guter Tag für die Rechten FR
Kritik an Polizeieinsatz bei Gegendemo FR
Zusammenstöße bei Protest gegen Islamfeinde FR
Hessenschau und HR-News
Polizei zieht Bilanz nach Protest-Tag in Frankfurt FR
Desaster für Widerstand Ost West und Fotos2 Beobachter News
Ester Seitz oder Klick it like plemplem Neues DeutschlandJournal, Bild, FNP, TAZ, FAZ, junge welt, Welt, jungle world
Fotos von Peter Jülich, Colin Derks, PM Cheung und Felix Steiner sowie Störungsmelder
Heute Krawalle in der City erwartet FR v. 20.6.2015
Konfrontation mit Faschisten ist legitim Interview mit K&P [f] in der FRTausende AntifaschistInnen verhindern Demonstration des Widerstand Ost West Ganzer Artikel mit zusätzlichen Hintergrundinformationen aus dem Vorfeld der WOW-Demo"(4)
Fußnoten:
(1) Litschko, Konrad (2014): Der Volksmob rast, in: TAZ.de, Jahrgang 2014: http://www.taz.de/!134080/ [Aufgerufen am 26.5.2015]
(2) Voigts, Hanning (2015): Pegida in Frankfurt: NPD mischt sich unter Pegida, in: FR-Online, Jahrgang 2015: http://www.fr-online.de/frankfurt/pegida-in-frankfurt-npd-mischt-sich-unter-pegida-,1472798,29690462.html [Aufgerufen am 26.5.2015]
(3) [Autor_in nicht angegeben] (2015): Zahl rassistischer Übergriffe steigt, in: Zeit Online, Jahrgang 2015: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-01/pegida-anstieg-gewalt-gegen-migranten [Aufgerufen am 26.5.2015]
(4) Antifa Frankfurt: Weniger als 200 beim Widerstand Ost West (WOW) - tausende AntifaschistInnen blockieren Demo-Route: http://www.antifa-frankfurt.org/ [Aufgerufen am 30.6.2015]