Rückblick zur kritischen Begleitung der Freie-Bürger-Kundgebung

30.3.2015, 17:00 Uhr
Frankfurt, Römerberg

Als Tierbefreiungsgruppe sehen wir uns als Teil einer progressiven, emanzipatorischen Bewegung. Darunter verstehen wir, politisch auf eine Gesellschaft hinzuarbeiten, in der jegliche Diskriminierungsformen und Herrschaft keinen Platz finden. Dies beinhaltet nicht nur eine Beendigung der Ausbeutung von nichtmenschlichen Tieren und Menschen, die im Rahmen des kapitalistischen Systems tagtäglich die Zerstörung der Umwelt, Leid und Tote fordert, sondern auch die Dekonstruktion rechter Ideologien zum Zweck eines übergreifenden solidarischen Miteinanders.

Gerade Bewegungen wie der Frankfurter Ableger von Pegida - der sich inzwischen in "Freie Bürger für Deutschland" umbenannt hat1 -  sowie die parteiliche Politik von beispielsweise CDU, AfD und den Freien Wählern machen deutlich, dass es nicht reicht, sich nur gegen „die Extremen“, die Neonazis zu engagieren. Regressives, rassistisches Gedankengut lässt sich auch in der sogenannten Mitte der Gesellschaft, rechtspopulistischen Strömungen finden und ist auch dort subtil anschlussfähig, wo sich einerseits offensiv vom NS distanziert wird und andererseits die für rechts typischen „anderen“ verantwortlich gemacht und ausgeschlossen werden.2

Die Pegida-Bewegung verbreitet nicht nur unsachliche Propaganda, einfache Welterklärungsmuster (nach dem Motto: „Die Immigrant_innen sind an allem schuld“, Verfall der „christlich/deutschen Werte“, niedrige Renten uvm.), sondern schürt auch irrationale Ängste und kanalisiert die Wut auf altbekannte Stereotype, wie „die kriminellen Ausländer_innen“ - Sündenbockpolitik anstatt die Wurzeln ihrer tatsächlichen Probleme in den materiellen Umständen zu suchen. Offene Islam- und Fremdenfeindlichkeit stehen an der Tagesordnung.3

Die ehemals wöchentlich abgehaltenen Kundgebungen und Demonstrationen spiegeln eine rassistische Stimmung wider, die zwar bereits vor 2014 präsent war, schüren diese aber bedeutend weiter. Das dramatische Ansteigen  von Übergriffen auf Flüchtlinge, Brandanschlägen auf und Sachbeschädigungen an Unterkünften bereits vor2 und insbesondere seit den Pegida-Kundgebungen4 steht vor diesem Hintergrund.

Wir riefen deshalb ebenfalls auf, die für Montag, den 30.3.2015, angedachte Ex-Pegida-Kundgebung (jetzt "Freie Bürger für Deutschland") kritisch zu begleiten! Rückblickend möchten wir einen zusammenfassenden Ausschnitt eines FR-Artikels mit euch teilen:

"Nur rund 40 'Freie Bürger für Deutschland' versammelten sich bei der Kundgebung des ehemaligen Frankfurter Pegida-Ablegers auf dem Römerberg. Außerhalb der großräumig Polizeiabsperrung war Mund nicht zu verstehen, sie ging im Lärm Hunderter Gegendemonstranten unter.
Nicht nur die Polizei hatte sich vorbereitet [und massive Vorkontrollen durchgeführt]: Von der Brüstung der Alten Nikolaikirche wurde kurz vor Beginn der Kundgebung ein Transparent mit einer Bibelstelle aus dem Buch Mose entrollt: 'Unterdrückt nicht die Fremden, die bei euch im Land leben, sondern behandelt sie genau wie euresgleichen', stand dort in großen Lettern. Auch am Balkon des Römer hing ein, allerdings sehr viel kleineres Transparent, das kaum zu entziffern war, weil der Wind es gegen die Ballustrade wehte. Der Schriftzug 'Römerbergbündnis' war noch zu erkennen.
Rund um die Absperrung versammelten sich nach Polizeiangaben 450 Gegendemonstranten. Einige hatte die Polizei kontrolliert und durchsucht, als sie auf den Römerberg kamen. Als die Kundgebung der „Freien Bürger“ begann, schallte 'Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda!' über den Platz.
Anders als bisher flogen aber keine Eier. Außer kleinen Rangeleien, als eine Gruppe Pegida-Demonstranten durch die Menge ging, blieb es ruhig. „Ich finde es seltsam, dass das Römerbergbündnis bei der ersten Pegida-Demo eine große Kundgebung veranstaltet und jetzt fast niemand zu sehen ist“, sagte ein Gegendemonstrant. Eine Gruppe junger Frauen versicherte, dass sie weiter gegen die Rechten protestieren würden, 'egal, wie die sich jetzt nennen und wie viele die sind'. In Frankfurt sei 'für so etwas kein Platz'."5

 

Fußnoten:
1 [Autor_in nicht angegeben] (2015): "Freie Bürger" wollen auf dem Römerberg demonstrieren. PEGIDA-NACHFOLGER UM HEIDI MUND, in: Journal Frankfurt, Jahrgang 2015: http://www.journal-frankfurt.de/journal_news/Politik-10/Pegida-Nachfolger-um-Heidi-Mund-Freie-Buerger-wollen-auf-dem-Roemerberg-demonstrieren-24071.html [Aufgerufen am 26.03.2015]

2 Litschko, Konrad (2014): Der Volksmob rast, in: TAZ.de, Jahrgang 2014: http://www.taz.de/!134080/ [Aufgerufen am 31.1.2015]

3 Voigts, Hanning (2015): Pegida in Frankfurt: NPD mischt sich unter Pegida, in: FR-Online, Jahrgang 2015: http://www.fr-online.de/frankfurt/pegida-in-frankfurt-npd-mischt-sich-unter-pegida-,1472798,29690462.html [Aufgerufen am 31.1.2015]

4 [Autor_in nicht angegeben] (2015): Zahl rassistischer Übergriffe steigt, in: Zeit Online, Jahrgang 2015: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-01/pegida-anstieg-gewalt-gegen-migranten [Aufgerufen am 3.2.2015]

5 Steinhagen, Martin; Thorwarth, Katja (2015): Nur noch 40 "Freie Bürger", in: FR-Online, Jahrgang 2015: http://www.fr-online.de/frankfurt/-freie-buerger-fuer-deutschland--nur-noch-40--freie-buerger-,1472798,30223764.html [Aufgerufen am 1.4.2015]