Begründung unserer Umbennung

Aus "Frankfurt Vegan“ wird „Tierbefreiung Frankfurt“

Seit vier Jahren sind wir unter dem Namen „Frankfurt Vegan“ im Raum Rhein-Main aktiv, um gegen die Ausbeutung und Unterdrückung nichtmenschlicher Tiere einzutreten. Über diese Zeit hinweg haben wir uns sowohl in unser praktischen Arbeit als auch in unseren persönlichen Selbstverständnissen weiterentwickelt und wollen diesen Veränderungen mit einer Namensänderung gerecht werden. Hinzu kommen rein pragmatische Beweggründe für eine Umbenennung, die sich aus den Konsequenzen unseres bisherigen Gruppennamens ergaben. Von nun an setzen wir unsere politische Arbeit unter dem Namen „Tierbefreiung Frankfurt“ fort.

Von Beginn an verstanden wir uns als Tierrechtsgruppe, jedoch gestaltete sich unsere Namensfindung vor vier Jahren aufgrund damaliger unterschiedlicher Auffassungen schwierig, sodass wir uns zu jener Zeit schließlich auf den Minimalkonsens-Namen „Frankfurt Vegan“ einigten. Während wir unserem Namen anfangs nicht so viel Bedeutung beimaßen, machten wir die Erfahrung, dass ein Gruppenname nicht völlig unwichtig für die Wahrnehmung einer Gruppe und die Erwartungen an sie ist. So ergaben sich aus unserem bisherigen Namen in der Vergangenheit stets Missverständnisse und Verwechslungen, denen wir beständig Energie widmen mussten. Zudem konnten und wollten wir den Erwartungen von Menschen, die uns namensbedingt eher als „Vegan-Outreach-Gruppe“ denn als Tierrechtsaktivist_innen wahrnahmen, nicht gerecht werden1.

Doch viel wichtiger als die rein pragmatischen Gründe war für uns die eigene Weiterentwicklung in unseren persönlichen Selbstverständnissen, politischen Forderungen sowie unser praktischen Arbeit. Angeregt wurden jene Entwicklungen sowohl durch eine beständige Auseinandersetzung mit den vorherrschenden gesellschaftlichen Bedingungen, als auch durch Debatten innerhalb der Tierrechts-/ Tierbefreiungsbewegung über das Konzept der Tierbefreiung und die Kritik an den herkömmlichen Tierrechtsforderungen. Diese Konzepte und Kritikpunkte wurden bereits andernorts ausführlich besprochen, und sollen daher an dieser Stelle von uns nur angerissen werden.

Bei gängigen Tierrechtsforderungen geht es darum, nichtmenschlichen Individuen mehr Rechte (beispielsweise auf Leben, Freiheit und Unversehrtheit) zuzugestehen. Diese Forderungen mögen auf den ersten Eindruck als ausreichend erscheinen; andere grundlegende wie auch notwendige Aspekte sind darin jedoch nicht enthalten:

1. Das Mensch-Tier-Verhältnis muss sich grundlegend ändern

An den herkömmlichen Tierrechtsforderungen wird unter anderem kritisiert, dass das Gewähren von mehr Rechteninnerhalb der bestehenden Gesellschaftsordnung lediglich einer Reformierung des gegenwärtigen Umgangs mit nichtmenschlichen Tieren gleichkäme. An der sozialen Position jener nichtmenschlichen Individuen in unserer Gesellschaft würde sich dadurch nicht zwangsläufig etwas ändern. Selbst wenn nichtmenschliche Tiere durch das Zugestehen von Rechten nicht länger als unser Eigentum oder Ware angesehen und für menschliche Zwecke (aus-) genutzt werden würden, könnten sie dennoch an unterster gesellschaftlicher Stellung stehen, als „minderwertig“ abgewertet werden und dem Menschen als unterlegen gelten. An dem bisherigen Mensch-Tier-Verhältnis hätte sich somit nicht grundlegend etwas geändert - „der Mensch“ stünde wie bisher über „dem Tier“, anstatt auf gleichwertiger Basis nebeneinander zu koexistieren.


Als Tierbefreiungs-Aktivist_innen ist es uns daher wichtig, für ein grundlegend verändertes Mensch-Tier-Verhältnis einzutreten, durch welches nichtmenschliche Individuen auch tatsächlich aus dem ihnen auferlegten Unterdrückungsverhältnis befreit werden.

2. "Befreiung hört nicht beim nichtmenschlichen Individuen auf" - Gesamtgesellschaftliche Kritik

Oftmals wird der Leitsatz „Befreiung hört nicht beim Menschen auf“ angeführt, um Aktivist_innen anderer emanzipatorischer Bewegungen empfänglicher für den Befreiungskampf für nichtmenschliche Individuen zu machen. Doch dem Umkehrschluss dieses Leitgedankens sollte gleichermaßen Beachtung geschenkt werden, denn Befreiung darf ebenso wenig bei nichtmenschlichen Individuen aufhören. Das vorherrschende Gesellschaftssystem hat sich nicht einzig auf die Nutzung, Unterdrückung und Ausbeutung von nichtmenschlichen Tieren spezialisiert; menschliche Individuen (wie auch die Umwelt) sind davon ebenfalls betroffen.
Beispielsweise werden durch die Fleischindustrie nicht nur nichtmenschliche Tiere ihres Lebens beraubt, auch die angestellten Mitarbeiter_innen unterliegen massiven Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnissen:

So sind in hiesigen Schlachtfabriken inzwischen mehrheitlich meist osteuropäische Wanderarbeiter_innen lediglich mit Werkverträgen angestellt, welche oftmals durch verschachtelte Geschäftsbeziehungen mit Werkvertragspartnern zustande kamen. Auf diese Weise können die (Hunger-)Löhne der Mitarbeiter_innen ins Bodenlose gedrückt werden (Stichwort Lohndumping), während die Unternehmen immer höhere Profite einfahren. Zudem sind die Werkvertrags-Angestellten weitestgehend rechtlos den Machenschaften ihrer Arbeitgeber_innen ausgeliefert, sodass nicht ohne Grund wiederholt von „modernen Lohnsklaven“ gesprochen wird.

Und schließlich entstehen durch die massenhafte Haltung und Ausbeutung jener sogenannten „Nutztiere“, die schlussendlich von den „modernen Lohnsklaven“ getötet, zerlegt und zu Fleischwaren weiterverarbeitet werden, massive Umweltschädigungen (die im einzelnen aufzuführen diesen Rahmen sprengen würde) …

An diesem Beispiel wird deutlich, dass sich Macht- und Herrschaftsverhältnisse auf allen Ebenen verheerend auswirken. Demnach ist es notwendig, herrschaftliche Verhältnisse allumfassend zu analysieren, zu kritisieren und für gesamtgesellschaftliche Veränderungen aktiv zu werden. Das Ideal einer herrschaftsfreien Gesellschaft, in der weder menschliche noch nichtmenschliche Individuen noch die Umwelt ausgebeutet werden, soll uns als Tierbefreiung Frankfurt in unseren Forderungen, Zielen und Handlungen anleiten. 

Fußnoten:

  1. Eine ausführlichere Betrachtung der pragmatischen Beweggründe ist in der kommenden Ausgabe des Magazins „Tierbefreiung aktuell“ nachzulesen.
  2. Beispielsweise: http://berta-online.org/?page_id=60
  3. Welche weiteren Änderungen mit unserer Namensänderung einhergehen (z.B. in unserem Selbstverständnis oder unserem künftigen Aktionsfokus), kann ebenfalls in der kommenden Ausgabe der „Tierbefreiung aktuell“ nachgelesen werden.